„Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt schnellere Pferde.“
Dieses Zitat wird Henry Ford gerne in den Mund gelegt und soll zum Ausdruck bringen, dass er seinen Innovationsgeist nicht durch die Vorstellungskraft der anderen beschränken ließ.
Nur sind leider zwei Dinge daran falsch:
Erstens hat Ford diesen Satz so wahrscheinlich nie gesagt, zweitens hat er das Automobil gar nicht erfunden, wie viele meinen.
Aber, und das ist mindestens genauso lehrreich: Henry Ford, war vielleicht kein Erfinder, aber ein schlauer und vor allem erfolgreicher Geschäftsmann war. Denn ihm gelang die Weiterentwicklung des Automobils hin zu einem wirklich nutzerfreundlichen Produkt. Ford war ein Visionär, der aufbauend auf etwas bestehendem etwas noch viel besseres schuf. Seine Vision bestand darin, möglichst viele Fahrzeuge zu bauen, mit einem schnörkellosen Design, zuverlässig und für die breite Masse erschwinglich. Und seine Vision ging auf: Fords revolutionäres Model T war bis 1972 das meistverkaufte Automobil der Welt.
Warum Ford so erfolgreich war? Er hatte eine Vision und noch wichtiger, er hat sie umgesetzt.
Nicht nur Ford auch andere erfolgreiche Unternehmer zeigen, wie wichtig es ist, eine Vision zu haben. Sie ist der Grundstein für alles, auch und gerade bei der MVP Entwicklung. Denn bei einer agilen Produktentwicklung, bei der sich die Anforderungen kontinuierlich ändern bzw. weiterentwickeln, braucht es ein deutlich erkennbares Ziel, das man nicht aus den Augen verliert.
Die Bedeutung der Vision
Bevor es an die Umsetzung der eigentlichen Idee geht, sollte man also seine Vision wohl überlegt formulieren, denn sie ist und bleibt das Ziel, das es zu erreichen gilt. Sie beschreibt zusammenfassend und prägnant die Idee, Absicht und Motivation, die hinter dem Produkt stecken.
Facebook formulierte seine Product Vision ursprünglich so:
“thefacebook.com ist ein wachsendes Online-Verzeichnis, das Studenten, Alumni, Dozenten und Mitarbeiter über soziale Netzwerke an Hochschulen und Universitäten miteinander verbindet.”
Sie gilt im Kern noch heute. Hier einige Tipps, wie Sie ebenfalls eine wasserfeste Vision formulieren, die ausreichend verbindlich und höchstmöglich dynamisch ist. Denn an ihr, also der Idee, soll es schließlich nicht scheitern:
- Eine Vision ist verbindlich und sollte verbinden: Wichtig ist, dass alle Stakeholder in die Aufstellung der Vision mit eingebunden sind, denn sie alle müssen sie tragen. Um eine Vision zu formulieren, auf die sich alle festlegen können, hilft es, wenn jeder Stakeholder seine Erwartungen und Ideen zur Vision auf Post it’s festhält. So lassen sich alle Gedanken dazu zusammenfassen, bündeln und gewichten.
- Dynamisch bleiben, Wandel zulassen: Ein wichtiges Element der MVP Entwicklung sind das Testen und das Nutzerfeedback und damit verbunden das ständige Anpassen der Produktfeatures an die tatsächlichen Hindernisse und Wünsche der Anwender. Dabei kann sich auch die Vision ändern. Einige der größten digitalen Produkte, wie Facebook oder Netflix haben ihre ursprüngliche Idee mehr und mehr angepasst und sind nur deshalb noch immer erfolgreich.
- Der Nutzen ist das Ziel: Wichtig ist auch, dass die Vision, die Sie formulieren nicht ein konkretes Produkt im Blick hat, sondern dessen Nutzen und die Innovation, die es schafft. Damit schränken Sie Ihren Blick und Ihre Möglichkeiten, etwas wirklich wegweisendes zu entwickeln nicht ein, sondern geben jedem Entwicklungsschritt die Chance, über sich hinaus zu wachsen. Ob am Ende der Produktentwicklung ein Auto oder ein Jetski herauskommt, ist theoretisch auch egal, solange das Ergebnis die Nutzerbedürfnisse optimal erfüllt.
- Der Nutzer ist der Nutzen: Im Zentrum von allem sollte der Kunde stehen. Er ist es, der das Produkt anwenden muss und er soll es mit Freude tun. Überlege dir also, bei jedem Feature, ob du ihn damit glücklich machst und wie du ihn am meisten begeistern kannst.
- Seien Sie ein Fan Ihrer Vision!: Vertreten Sie die Vision mit Leidenschaft. Seien Sie von ihr überzeugt und teilen Sie sie so oft Sie nur können. Die Leute sollen erfahren, warum Sie die Dinge tun, die Sie tun.
- Eine Vision ist auch praktisch umsetzbar: Für ein erfolgreiches Produkt braucht es eine Vision, die wirklich an der Umsetzung orientiert ist. Auch wenn es gut ist, groß zu denken, ein wenig Realismus sollte dennoch vorhanden sein.
- So konkret wie möglich, so allgemein wie nötig: Die Anforderungen können sich ändern, gerade wenn bei der MVP Entwicklung plötzlich Kundenfeedback eintrifft und einen Schubser in eine andere Richtung gibt, oder bestimmte Features abgewählt werden. Um dennoch nicht von der ursprünglichen Vision abzukommen, sollte diese nicht zu granular formuliert sein und dennoch konkret genug, um einen Fokus zu haben.
- Keep it simple, stupid (KISS-Prinzip): Eine gute Product Vision für Ihr MVP muss sofort erfassbar sein und gut zu merken. Es gilt daher einfach zu formulieren und vom dümmsten anzunehmenden Leser auszugehen. Immer wieder hilfreich ist die Methode des Elevator Pitch. Versuchen Sie die Beschreibung Ihrer Version in der Zeit einer Aufzugfahrt unterzubringen.
- Nehmen Sie sich ausreichend Zeit: Analysen, Evaluierungen und Nutzerbefragungen kosten viel Zeit. Zeit, die es Ihnen wert sein sollte, zu investieren. Denn überlegen Sie einmal wie viel Zeit es erst kostet, irgendwann die Vision scheitern zu sehen, obwohl Sie es hätten verhindern können.
„Fast jeder kann sich eine Idee ausdenken. Was wirklich zählt, ist die Entwicklung zu einem praktischen Produkt.“
Ihre Vision sollten Sie auf jeden Fall schriftlich festhalten, womöglich sogar so prominent sichtbar, damit Sie sie im wahrsten Sinne des Wortes nicht aus den Augen verlieren.
Das Product Vision Board
Auf einem Product Vision Board können Sie alle wichtigen Faktoren zusammentragen, die für die Vision wichtig sind: Zielgruppe, Bedürfnisse, Produkt, Nutzen Sie alle sind die Basis für Ihr Product Vision Statement.
Steht die Vision, haben Sie nicht nur eine abstrakte und umfassende Basis für Ihren Produkterfolg geschaffen, sondern auch den Ausgangspunkt, für die nächsten Schritte.
Ausgehend von der validierten Vision leiten Sie das Product Backlog ab und priorisieren Aufgaben, mit denen das Scrum-Team in den ersten Sprint starten kann.
Sie werden es bereits gemerkt haben: Während Sie die Vision formulieren setzen Sie sich so intensiv mit der Zielgruppe, dem Nutzerversprechen, dem Wettbewerb auseinander, dass Sie gleichzeitig eine kleine Erfolgsanalyse durchführen. Offensichtliche Fehler in Ihrer Vision sollten dabei aufgedeckt werden.
Die Vision ist ein wichtiger Teil der MVP Entwicklung. Im MVP-Guide können Sie alle Schritte nachlesen und mit der Umsetzung Ihres Produktes beginnen.